K. Werner
"Ostende" - Sommerlektüre
Volker Weidermann erzählt in "Ostende - 1936, Sommer einer Freundschaft" über die exilierten Künstler Stefan Zweig, Josef Roth, Irmgard Keun und viele andere. Über die Hoffnung am Strand, dass alles gut werde. Eine Sommerlektüre der anderen Art.

Das Meer übt auf mich als Binnenländerin seit ich es das erste Mal mit 13 Jahren gesehen habe eine besondere Faszination aus. Der Geruch nach Salz und Fisch. Eine leichte Briese. Das Rauschen der Wellen. Feuchter Sand unter den Zehen. Wärme im Gesicht. Für mich ist Meer heilsam.
Volker Weidermann erzählt in "Ostende" von diesem Urlaubsort, der heute ganz anders aussieht als damals 1936. Es ist ein besonderer Sommer. Die Erzählung spannt sich um Stefan Zweig auf, der bereits den Sommer 1914 in Ostende verbracht hatte. Jener Sommer in dem sich das Weltkriegsroulette zu drehen begonnen hatte. 1936 will er dorthin zurückkehren. Um ihn sammeln sich einige der bedeutendsten Schriftsteller seiner Zeit. Die meisten von ihnen in Nazideutschland bereits verboten. Geflüchtete. Exilanten. Obwohl sie die Wahrheit kennen lebt in ihnen die Hoffnung, dass doch bald alles vorbei sein werde, dass die Naziherrschaft abgewählt würde. Sie schreiben, treffen sich in den Strandcafés und Bars, diskutieren. Manche links, kommunistisch, manche einfach nur nicht rechts außen. Gebrannte Kinder vom ersten großen Krieg.
Sie alle haben ihre Heimat verloren. Im Zentrum der Geschichte, die immer wieder um ein paar Charaktere ergänzt wird steht die Freundschaft zwischen Stefan Zweig und Josef Roth, den beiden jüdischen Schriftstellern. Obwohl Roth um einiges jünger ist als Zweig hat ihn das Exil, der Verlust der Heimat zerstört. Er steht vor dem Abgrund. Zweig möchte ihn retten, kann es aber nicht. Weidermann erzählt in "Ostende" in sachlicher, geradliniger Art von diesem letzten gemeinsamen Sommer der großen deutschsprachigen Schriftsteller vor dem zweiten Weltkrieg. Er erzählt von einem Sommer, in dem es ähnlich schwer ist zu reisen wie im Sommer 2020. Von der sommerlichen Hoffnung alles werde gut, die gespeist wird vom Meer, vom Strand, vom salzigen, fischigen Geruch. Was uns verbindet ist die Unsicherheit: Wir wissen nicht, wie sich die Dinge um die Pandemie in den nächsten Monaten entwickeln. Was uns heute bleibt ist ebenso nur die Hoffnung, dass alles gut werde. Gespeist vom Meer, seinem Duft und seinem Rauschen.
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