K. Werner
"Venezianisches Finale" - Donna Leon I
Nächster Halt auf der Krimi-Reise: Venedig. Der erste Fall von Commissario Brunetti ist ein geschick gewebter Kriminalfall mit Tiefgang.

Ich war erst ein einziges Mal in Venedig. Mit etwa 19 Jahren (also vor einer halben Ewigkeit - und im Rahmen eines Sommercamps: Tagesausflug, wenige Stunden in der Lagunenstadt. Damit kenne ich diese Stadt so wie die meisten: oberflächlich, als Touristin, im Sommer.
Donna Leon vermittelt in "Venezianisches Finale" ein ganz anderes Bild dieser Stadt: kalt, nebelig, etwas düster. Eine Stadt in der Wohlstand und bittere Armut noch immer als krasse Gegensätze auf den einzelnen Inseln der Lagunenstadt existieren.
Der Mord passiert in der bekannten venezianischen Oper, wo sich die Schönen und Reichen am Musikgenuss Verdis ergötzen. Opfer ist der Dirigent, ein alter Deutscher mit zweifelhafter Vergangenheit. Nach und nach zeichnet Donna Leon das Bild von einem Opfer, mit dem man kein Mitleid hat und gegen das ich am Ende größte Abneigung gespürt habe.
Doch: Wer war der Täter oder die Täterin? Der Regisseur, die lesbische Sopranistin, eine alte Geliebte oder doch die Ehefrau? Was das Motiv? Eifersucht? Rache? Gier? Behutsam enspinnt Donna Leon in "Venezianisches Finale" diesen Fall. Wer Mörder*in war und mit welchem Motiv wird nicht verraten. Nur soviel: Am Ende erlebt der Leser/die Leserin Genugtuung...zumindest bei mir war es so.
"Venezianisches Finale" von Donna Leon sei damit all jenen empfohlen, die Venedig etwas anders kennenlernen möchten. Bei denen sich ein Krimi langsam und ohne große Dramatik entfalten darf und die kein schnelles Tempo erwarten und die damit leben können, dass sie mehr Mitgefühl mit dem Täter/der Täterin aufbringen als mit dem Mordopfer.
P.S. Es hilft bei der Lektüre bestimmt, wenn man die Krimis im TV noch nicht gesehen hat (irgendwie hab ich es geschafft die bislang zu umschiffen)...dann kann man sich sein eigenes Bild von den Charakteren schaffen.